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„Wir stehen vor einem Scherbenhaufen“

Wie die Volleyball Bundesliga am Donnerstag mitteilte, erhält der TSV Flacht eine Zusage für die neu gegründete 2. Bundesliga Pro. Für den VfL Oythe gilt dies allerdings nicht. Der Antrag wurde vom Aufsichtsrat der VBL einstimmig abgelehnt. Was aus dem Standort in Oythe wird, ist unklar.

In der Pressemitteilung wird hinreichend begründet, warum der Wildcard-Antrag vom aktuellen Siebtligisten TSV Flacht genehmigt wird. Dass Flacht ein Standort mit einer tollen Perspektive ist, hat Nico Reinecke im Volleyball Insider Podcast bestätigt. Dennoch stellt sich die Frage, weshalb Flacht und nicht Oythe eine Zusage erhalten hat.

Die Vergabekriterien einer Wildcard

Zu den Vergabekriterien zählen unter anderem die Standortbedingungen, die Spielhalle, das Zuschauerpotenzial, der umfassende Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die mediale Entwicklung sowie ein Sport- und Nachwuchskonzept.

Auf Nachfrage bei der VBL, an welchen Kriterien die Vergabe bei Oythe konkret gescheitert ist, vermeldet die VBL nur: „Zu den Details machen wir keine Angaben in der Öffentlichkeit, um dem Standort nicht zu schaden.“ Bleibt also nur, die Situation von außen zu bewerten. Eins vorweg – Schaden abgewendet hat man durch die Absage nicht.

TSV Flacht und VfL Oythe im Vergleich

In der PM wird erwähnt, dass die sportliche Leistungsfähigkeit der Flachter noch aussteht. Dessen erste Damen-Mannschaft sind in diesem Jahr erfolgreich in die Landesliga aufsteigen und hatten logischerweise noch nicht die Möglichkeit, sich sportlich in der zweiten Liga zu beweisen. Im Gegensatz zum VfL Oythe, welcher seit 2008 in der 2. Bundesliga Nord ans Netz geht.

Was die Spielhalle und das Zuschauerpotential angeht, dürfte Oythe auch die Nase vorn haben, die einen Zuschauerschnitt von 141 vorweisen (Stand: 24. März 2023). Damit liegen sie vor dem BBSC Berlin (116) und ETV Hamburg (109), die ebenfalls Interesse an der 2. BL Pro anmelden. Auch hier hatte Flacht noch nicht die Gelegenheit, für das Produkt 2. Liga Pro zu werben. Wie die VBL das Zuschauerpotential in Flacht bewertet, wird nicht näher erläutert. Nico sagte aber im Podcast, dass es etwas mehr als 300 Plätze in ihrer Spielstätte sein würden. Jedoch werden (zurecht) die „wirtschaftsstarken Region zwischen Pforzheim und Stuttgart“ und damit „die strukturellen und wirtschaftlichen Potenziale“ positiv hervorgehoben. Hier ist es vorstellbar, dass der Standort Oythe das Nachsehen hatte.

Schließlich leistet Flacht auch in der Nachwuchsförderung gute Arbeit, mit insgesamt drei Damen- und fünf U-Mannschaften. Weitere Maßnahmen nennt der Volleyball-Landesverband Württemberg: „Die Jugendarbeit ist sehr gut, es gibt etliche feste Kooperationen mit Schulen, regelmäßige Fördertrainings und eine Ballschule.“ Aber auch Oythe dürfte hier nicht viel schlechter aufgestellt sein, die mit drei weiteren Damenmannschaften und zwei Jugendgruppen eine solide Basis bilden.

Welche Kriterien für „die mediale Entwicklung“ gegolten haben und wie diese bewertet wurden, lässt sich leider von außen gar nicht sagen. Bleibt noch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.

Standort Oythe auf der Kippe

„An den finanziellen Mitteln kann es nicht gelegen haben„, bestätigt Hauke Anders (Vorsitzender vom VfL Oythe) gegenüber dem Volleyball Insider und ergänzt, „hier stehe ich genauso dahinter wie ein Hauptsponsor. Auch politisch hätten wir genauso Rückendeckung gehabt wie andere Standorte.“ Fakt ist, dass der Club mit der Entscheidung ebenso überrascht worden ist wie die Volleyball-Szene: „Wir haben damit überhaupt nicht gerechnet und stehen jetzt vor einem Scherbenhaufen. Wir wissen Stand jetzt nicht, ob unsere Spielerinnen oder das Trainerteam bei uns weitermachen. Denn die wollen größtenteils in der zweiten Bundesliga, und nicht in der eigentlich dritten Liga spielen“.

Foto: VfL Oythe
Foto: VfL Oythe

Wildcard vs. formaler Antrag

Letztlich stellt sich noch die Frage, weshalb der VfL Oythe keinen formalen Lizenzantrag wie die anderen Zweitligisten gestellt hat. Dies wäre der einfachere Weg, da eine Wildcard mit wesentlich höheren Auflagen verbunden ist. Hauke Anders äußert sich dazu wie folgt: „Leider haben wir die Frist zur formalen Lizenzierung verpasst, da unserer Ansicht das Thema immer noch in der Diskussion war. So blieb uns nur der Weg über die Wildcard.“ Daher kritisiert er nicht die Ligagründung an sich, sondern das hohe Tempo, mit der diese gegründet werden sollte. Das hat er auch gegenüber der VBL angemerkt. „Ich kann nicht verstehen, weshalb man das so kurzfristig durchziehen wollte.“ Denn erst vergangenen Herbst wurden die Zweitligisten über diesen Schritt informiert und mussten bereits zum 1. November 2022 einen Antrag zur Vorlizensierung stellen.

Emlichheim zieht Lizenzantrag zurück

Nachdem der SCU Emlichheim seinen Lizenzantrag aufgrund einer möglichen Staffelstärke von mehr als 14 Mannschaften zurückgezogen hat, wäre es noch denkbar, dass Oythe diesen Platz besetzt. Aber das ein einstimmiger Beschluss des Aufsichtsrats der VBL wegen äußeren Umständen zurückgenommen wird ist unwahrscheinlich.

Es ist jedenfalls zu hoffen, dass der Volleyball-Standort Oythe weiter erhalten bleibt und das Team sich über den sportlichen Weg beweisen möchte.


Höre den Podcast mit Nico Reinecke vom TSV Flacht:

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