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Julian Zenger im Interview: „Habe mich entschieden auf OP zu verzichten“

Noch im September war nicht bekannt, für welchen Club Deutschlands bester Libero auflaufen wird. Bis heute ist der Nationalspieler vereinslos. Nun gibt Julian Zenger im VI-Interview einen Einblick, woran das liegt und erklärt, wie es für ihn weitergeht.

Servus Julian, wo erwische ich dich gerade?

Ich bin gerade am Bodensee und halte mich beim VfB Friedrichshafen fit. Dort kann ich am Ball- und Krafttraining teilnehmen und für den Verein ist es sicher auch gut, mit zwei Liberos zu trainieren. Allerdings bin ich hier nur so lange, bis ich einen neuen Klub gefunden habe.

Wieso bist du überhaupt auf der Suche?

Ich habe mit dem italienischen Club Padua eigentlich schon im Februar für ein Jahr verlängert, da beide Seiten sehr zufrieden waren. Dann musste ich einen Medizincheck machen, weil ich eine Thrombose hatte. Den Schein zur bestandenen Prüfung habe ich aber erstmal nur für ein halbes Jahr bekommen, den man sonst für ein Jahr erhält. Bei der zweiten Untersuchung hat der Arzt dann ein paar mehr Herzschläge festgestellt als üblich. Nach näherer Untersuchung hat er eine Anomalie an der Aorta diagnostiziert. In Italien gelten bei Sportlern strenge Vorschriften, was das betrifft, da es in der Vergangenheit ein paar kritische Fälle gab. Deshalb konnte ich trotzdem für die Nationalmannschaft spielen. Gespräche mit anderen Ärzten haben ergeben, dass ein Eingriff am Herzen höhere Risiken mit sich bringen würde, als die Anomalie an sich. Die Wahrscheinlichkeit, dass was passieren könnte, ist wohl unter 1%. Deshalb habe ich mich entschieden, auf eine Operation zu verzichten. Padua hat zwar noch auf die Ergebnisse gewartet, aber dann den Vertrag aufgelöst und inzwischen Ersatz gefunden.

Zenger beim in der SuperLega bei Padova. Foto: Lega Pallavolo Serie A
Merkst du denn gesundheitlich etwas?

Nein, überhaupt nicht. Ich hatte ja auch nie Beeinträchtigungen in der Art und merke auch weiterhin nichts. Deswegen war ich eigentlich auch relativ entspannt wegen der weiteren Tests und war dann relativ überrascht über das Ergebnis.

Wie geht es jetzt für dich weiter?

Mir fehlt noch eine letzte Untersuchung am Ende des Monats. Also gibt es noch einen minimalen Hoffnungsschimmer. Aber es sieht eher danach aus, dass alles so bleibt, wie es ist. Deshalb halte ich mich erstmal fit, bis eventuell ein interessantes Angebot kommt. Dabei wäge ich sorgfältig ab, was mir sportlich weiterhilft, sodass ich vermutlich nicht jedes Angebot annehmen würde. Aber das ist natürlich zu diesem späten Zeitpunkt extrem schwierig, gerade auf meiner Position. Da muss man auch Glück haben. Italien ist ja komplett raus und Russland müsste man sich sehr gut überlegen, da würde ich nicht gleich „Hurra“ schreien.

Kannst du noch ein paar Einblicke zu den Olympischen Spielen in Paris geben? Bist du zufrieden mit dem Turnier?

Zufrieden kann man schon sein, da wir echt guten Volleyball gespielt haben. Ich bin aber auch etwas enttäuscht und ein Stück weit unzufrieden, wie es geendet ist. Es ist immer bitter, so knapp auszuscheiden und keine Möglichkeit gehabt zu haben, um eine Medaille zu kämpfen. Das war unser Ziel und jeder hat auch von Spiel zu Spiel mehr daran geglaubt. Dennoch bin ich stolz, dass wir es so weit gebracht haben und gezeigt haben, dass wir zurecht dort waren.

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Zenger in Paris bei den Olympischen Spielen. Foto: Volleyball World
Wurde die umstrittene Schiedsrichter-Entscheidung noch thematisiert?

Nicht wirklich. Ich denke mir zwar ab und zu schon, was wäre, wenn die Entscheidungen anders ausgefallen wären und ob dann noch ein Push gekommen wäre. Andererseits waren wir drei, vier Punkte hinten und ändern kann man es ohnehin nicht mehr. Wenn man 2:0 vorne ist, dann gab es ja viele andere Möglichkeiten, um siegreich aus dem Spiel zu gehen. Aber ich glaube, viele andere Schiedsrichter hätten es nicht so gepfiffen.

Wie war denn die Erfahrung in Paris für dich?

Während des Turniers hat man von der Stadt nicht so viel sehen können. Da war der Fokus schon aufs Spiel und die anschließende Regeneration. Aber zwischendrin hat man schon versucht, sich mit der Familie oder Freunden zu treffen. Als wir ausgeschieden sind, konnte man die Atmosphäre dann richtig genießen und habe auch andere Sportarten wie Golf, Tischtennis, Basketball oder Beachvolleyball besucht. Und von Leichtathletik haben wir schon während des Turniers viel gesehen, weil das Stadion nur zehn Minuten vom Olympischen Dorf entfernt war. Als Athlet hatte man die Möglichkeit, sich ein Ticket pro Tag zu kaufen, wenn noch welche verfügbar waren.

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Titelbild: Lega Pallavolo Serie A

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